"Sie sollten Ihre Kritik vorsichtig formulieren, damit Sie im Vorstand niemandem auf den Schlips treten." 
So oder so ähnlich ist sicher jeder schon einmal vor einem Kunden, Chef oder auch im privaten Umfeld vor neuen Bekanntschaften gewarnt worden. 
Doch woher kommt diese Redewendung? Eine akkurat gebundene Krawatte ist schließlich viel zu kurz, um darauf zu treten. 

Verärgert sein
Foto: (c) Greg Dunlap

Bedeutung der Redewendung

Wer sich auf den Schlips getreten fühlt, der nimmt etwas persönlich, ist beleidigt oder fühlt sich gekränkt. Manchmal wird diese Redewendung auch genutzt, wenn jemand augenscheinlich grundlos schlechter Laune ist. 

Menschen, die anderen öfter mal auf den Schlips treten, verhalten sich hingegen taktlos, treten anderen Personen zu nahe, verärgern diese oder beleidigen sie sogar, meist auf subtile Weise. In den meisten Fällen nutzt man diese Redewendung aber, wenn das Verärgern des Gegenübers unabsichtlich passiert. 

Die nicht ganz so verbreitete Redewendung "sich einen hinter den Schlips gießen" bedeutet dagegen, etwas zu viel Alkohol zu trinken. Hier ist der Spruch "sich einen hinter die Binde gießen" in den meisten Gegenden allerdings geläufiger. 


Wortbedeutung 

Heutzutage ist Schlips nur ein anderes Wort für die Krawatte. Diese Bezeichnung hat sich in Deutschland aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Das Wort Krawatte leitet sich übrigens vom französischen 'la croate' ab, aus dem sich dann sowohl das deutsche, als auch das französische 'crawate' entwickelt haben. Dieses Wort wiederum geht auf das kroatische Militär zurück, welches im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) unter der Führung Frankreichs gekämpft hat. Kroatische Ehefrauen und Mädchen banden damals ihren Liebsten dünne Leinentücher um den Hals und damit war der Krawattenknoten geboren. Er sollte den Bund der Liebe symbolisch zusammenhalten. 
Dem französischen König Louis XIII gefiel dieses Halstuch so sehr, dass er es hoffähig machte und damit in Paris einen neuen Modetrend setzte. 

Mit der Redewendung hat das jedoch nichts zu tun. 


Wortherkunft 

Um die Entstehung der Redewendung nachvollziehen zu können, muss man sich die Wortherkunft des Schlipses daher ein wenig genauer ansehen: 
Ursprünglich hat sich dieser Ausdruck aus dem Niederdeutschen entwickelt, wo Slips, Slippe bzw. Schlippe oder eben Schlipse ein anderes Wort für Zipfel war. Gemeint waren damit hauptsächlich die länglichen Enden der damals modischen Gehröcke oder Herrenmäntel, den sogenannten Rockschößen oder auch Schwalbenschwänzen
Erwähnung findet das Wort bereits 1899 im Grimmschen Wörterbuch. Schon dort findet sich auch der Ausdruck 'jemandem in die Schlippe laufen'. 


Entstehungshintergrund 

Die Redewendung bezog sich also ursprünglich nicht auf Krawatten, sondern die langen Enden von Röcken, Mänteln und Kleidern. 
Reichten diese Zipfel bis auf den Boden, ist es also unweigerlich hin und wieder vorgekommen, dass man dem Vordermann - versehentlich oder mit voller Absicht - 'auf den Schlips treten' konnte. 

Zum einen führte das natürlich dazu, dass die Rockschöße schmutzig wurden, was den Träger verärgerte, zum anderen bedeutete das auch, dass man dem Vordermann zu nahe gekommen war, was sich entweder als Ungeschicklichkeit oder als Mangel an gutem Benehmen auslegen ließ. 

Die ersten Belege für die Redensart finden sich um 1900 herum, obwohl man zu dieser Zeit auch in Deutschland schon Krawatten trug und diese als Schlipse bezeichnete.